FernUni Hagen - MOOC „Interdisziplinärer Diskurs zur digitalen Gesellschaft"
Zum Impulsreferat von Prof. Dr. Bastiaens "Neues Lernen - neue Lehre? Der Homo Zappiens an der Uni"
Meine Generation (Baujahr 1989) stand aus meiner Sicht
etwa an der Schwelle von einer Generation, die
Informationsmedien hauptsächlich dem Fernsehen, dem Telefon, Radio, Büchern,
Zeitschriften und Plakaten entnahm zu jener, welche die digitalen und
technischen Medien a priori als fester Lebens- und
Informationsbeschaffungsbestandteil ansieht. Mit der Technisierung und der
Digitalisierung nahm es seine Anfänge und wir wurden so Zeugen davon, wie sich
die Welt mit den neuen Medien veränderte. Gleichzeitig beeinflussten sie uns,
sodass sie unseren Blick auf die Welt veränderten. Jedoch spreche ich dieser
„Schwellengeneration“ zu, dass wir noch ein gewisses Vermögen besitzen, das
Davor und Mittendrin einer „Netzwerkgeneration“ zu (er)kennen.
Trendline Medienkommunikation
Als die ersten Handys aufkamen, stellten diese einen
enormen Fortschritt dar. Man konnte nun auch unterwegs mit seinen Freunden,
seiner Familie sprechen oder wichtige Termine ausmachen. Die Leute wurden
relativ ortsunabhängig erreichbar. Im
Laufe der Zeit wurde aus dem Handy das Smartphone (oder iPhone) und es diente
nun nicht mehr schlichter schriftlicher oder sprachlicher Kommunikation, es
wurde zum Allrounder. Kamera, „Playstation“, Messenger, Terminkoordinator,
Geschäftsabwickler, alles in einem Plastikgehäuse auf engstem Raum
vereint. Als transportables Gerät,
wurden Informationen aus dem Internet von überallher abrufbar. Im gleichen Maße
nahmen jedoch auch die Informationen im Net zu. Jeder war nun in der Lage
„seinen Senf dazuzugeben“. Über Social Networks wie Twitter, Facebook usw.
traten anstelle der persönlichen Kommunikation Medien, mit denen man sich
leicht mit vielen Leuten vernetzen, Ideen, Infos, Persönliches, Daten und
einfach alles teilen konnte. Dies gab jedoch auch Raum für ein gemeinsam geteiltes
Wissen, das prinzipiell (bei vorhandener Ausstattung) jeder mit jedem teilen
konnte, was zweifellos ebenso ein großes Entwicklungspotential bereithielt, wie
auch Gefahren als dessen Äquivalent (nicht zuletzt durch vorgebliche oder
vorhandene Anonymität befördert) Cyber-Kriminalität, Manipulation, Denunziationen
etc. stehen.
Ausbau der Medienkompetenz als Schlüsseldisziplin
Das Potential des gemeinsamen Wissens, zu dem jeder
beitragen und es dadurch fortentwickeln könnte, steht klar im Zentrum heutiger
bildungspolitischer Debatten. Doch wie soll dieses zugänglich gemacht werden und wie kann ein
adäquater Umgang damit erlernt bzw. gelehrt werden? Mit diesen Fragen
beschäftigte sich unter anderem die Internet & Gesellschaft Co:llaboratory
e.V. (http://dl.collaboratory.de/reports/Ini7_Lernen.pdf)
im Abschlussbericht der Initiative "Lernen in
der digitalen Gesellschaft – offen, vernetzt, integrativ“ vom April
diesen Jahres. Durch geschulte Medienkompetenz soll erreicht werden, dass jeder
von uns in der Lage ist, in der Sintflut der Informationen zu bestehen und ein
Medienbewusstsein zu entwickeln, welches das Wissen darum voraussetzt, dass der
Mensch beinahe ausschließlich medial über seine Umgebung lernt. Diesbezüglich
ist also auch eine Kompetenz erforderlich, die es uns erlaubt zu selektieren. Bewirkt
werden soll dadurch auch die Ausbildung einer moralischen, sozialen und
gesellschaftlichen Urteilsfähigkeit. Der
Umgang mit den technischen/ Software-Komponenten kann dementsprechend bereits
im Unterricht vermittelt werden. Zudem
würde eine solche Verwendung moderner Medien einen konstanten Lernprozess
beinhalten, der durch dessen dynamischer Entwicklung und damit einhergehend mit
einer immer wieder neu abzustimmenden Vorgehensweise zur Ver- und Bearbeitung kollaboriert. Um eine Basis zum Medienumgang zu
schaffen, gehört nach Meinung der
Experten insbesondere eine bessere „medienpädagogische“ Ausbildung der
Lehrkräfte hinzu.
In der Tat mangelt es im Schulalltag scheinbar häufig an
hinreichend geschulten Fachkräften, die den Schülern einen angeleiteten
Einstieg in die Medienwelt eröffnen könnten. Nicht zuletzt scheitert dieses
Vorhaben jedoch bereits oftmals an der Ausstattung der Einrichtung und in
diesem Kontext an nötigen finanziellen Mitteln. Die Frage nach einer Förderung
der Medienkompetenz innerhalb des Schulsystem, bedeutet für mich auch die Frage
nach einer dahingehenden Finanzierung zu stellen. Angesichts steigender Verschuldung
und einer immer weiter auseinanderklaffenden sozialen Schere für mich eine
offene Frage. Frühsensibilisierung
Ein Grundvermögen an kritischer Reflexionsfähigkeit als
auch selektives Feingefühl wird laut Co:llaboratory jedoch vorausgesetzt,
sodass jeder ‚User‘ dazu angehalten ist,
„diese (Lernlandschaften) eigenverantwortlich hinsichtlich Qualität und
Kontext zu bewerten.“ (Vgl. http://dl.collaboratory.de/reports/Ini7_Lernen.pdf).
Genau darin sehe ich persönlich jedoch
ein Problem, denn wie lernen wir, was relevant für uns sein und was aus dem
Raster fallen sollte?
Da ich selbst in einer Grundschule tätig bin, erstaunt
mich täglich die große Menge an Kindern, die bereits im Alter von 6-11 Jahren
Zugang zu Internet, einem Smartphone und weiteren Kommunikationsmedien
erhalten. Viele bekommen dieses von ihren Eltern zur Verfügung gestellt. Leider
ohne die nötigen Kompetenzen und die nötige Aufklärung zu besitzen. Innerhalb
von vereinzelten AGs und Projekten wird darauf reagiert, jedoch nicht
flächendeckend. Da Kinder bereits sehr früh mit solchen Medien in Kontakt
kommen, empfinde ich es als wichtig, sie auf diese vorzubereiten, angeleitet
erste Begegnungen mit dem Internet zu erfahren, aufzuklären, zu erläutern wo
Vorsicht geboten ist, wie sie Informationen am besten filtern können. Von
vornherein eine mediale Sensibilisierung erreichen, dies sollte Ziel eines
Bildungssystems sein, welches auf solchen Kompetenzen aufbauen will.
Das mediale "second life"
Probleme, die sich hieraus ergeben sehe ich in einer
ständigen Vernetzung. Wie oft hat jeder von uns auf der Straße Menschen
beobachtet, die auf ihr Smartphone starrten, während ihr „Mitläufer“ versuchte
mit ihnen mühevoll ins Gespräch zu kommen oder deren Aufmerksamkeit zu erlangen.
Man kann nicht nicht kommunizieren. Paul Watzlawick erkannte dies, insofern er
bemerkte, dass eine Kommunikation bereits dann beginnt, wenn sich zwei Individuen
überhaupt wahrnehmen. Was kommuniziert dann also stures Bildschirmgestarre? Laufen
wir nicht Gefahr, unsere Umwelt und persönliche Kontakte nur noch medial wahrzunehmen?
Durch eine ständige Erreichbarkeit, die vor allem durch Smartphones
gewährleistet wird, können wir an einem konstanten Informationsfluss teilhaben,
der uns jedoch auch dazu führen kann, dass wir einen regelrechten Zwang verspüren,
nichts verpassen zu dürfen, sodass gleichzeitig gleich mehrere Kommunikationskanäle
offenstehen. Die Gefahr buchstäblich nicht mehr abschalten
zu können wächst. Das mediale Bewusstsein benötigt einer Transformation, derer
unsere Leistungsgesellschaft nicht förderlich ist. Zurückkommend auf das
Beispiel aus meinem Arbeitsalltag, bemerke ich außerdem, dass viele Kinder nicht
mehr in der Lage sind, sich selbst zu beschäftigen. Sie sind es gewohnt, dass
dies die Medien für sie tun. Nimmt man ihnen mediale Strukturen, stellt sich teilweise
Orientierungslosigkeit ein. Ohne ständigen Input, wirken sie desillusioniert. Geht
man in konstruktivistischer Denkweise davon aus, dass das, was wir unter spezifischen
Voraussetzungen lernen, weitegehend von uns selbst abhängt, wird daran klar, was
diese Kinder unter den ihnen gebenden, medialen Bedingungen nicht (mehr) gelernt
haben und was ihr Leben hauptsächlich prägt. Erfahren ihre Lebensumstände keine
ausgewogenere Sphäre von Mediennutzung und einem Dasein jenseits dessen, sehe
ich bestimmte Entwicklungsbereiche gefährdet, deren Ausbildung jedoch wiederum
für eine kompetente Nutzung der Medien wichtig wäre. Ich gehe daher mit dem auf
Moodle bereitgestellten Inhalt von Hans Mestrum konform, wenn dort behauptet
wird, dass unterschiedliche Medien zur Ausbildung unterschiedlicher Fähigkeiten
führen. Die Schwierigkeit liegt meines Erachtens darin, diese beiden Komponenten
(Jenseits und Diesseits der Medien)zusammenzuführen und Medien nicht zum
bestimmenden Lebensinhalt zu normen.
Mediale Wirtschaft
Verbunden mit dem Thema Nachhaltigkeit gewinnt eine auf
Medien ausgerichtete Welt noch einmal eine andere Intensität, womit sich zum
einen die Frage nach dem medialen Umgang außerhalb des offiziellen
Bildungssystems und innerhalb des Privatbereichs ergibt, die auch an die
Medienkompetenz sowie an die finanziellen Mittel der Eltern geknüpft ist, und eine
Frage der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit darstellt. Wollen wir eine globalisierte
Welt erschaffen, in der jeder Zugang zum Internet oder einem PC/Notebook etc. –
damit auch zu medialen Lehr- und Lerninhalten -
hat, drängt sich mir somit die soziale Frage auf. Wer kann sich den
Zugang leisten? Provozieren wir mit unserer zunehmenden Bezugnahme auf Medien
nicht sogar mitunter soziale Unterschiede? Laut dem Bundesministerium für
Bildung und Forschung (http://www.bmbf.de/de/16684.php)
erweist sich Medienkompetenz immer mehr als Katalysator der Wirtschaft. Sie ist
darüber hinausgehend das Mittel, um im internationalen Wettbewerb
wirtschaftlich bestehen zu können. Insofern bestimmen Medien also schon längst über
existentielle Grundlagen.
Eine entsprechende Medienkompetenz inklusive
Informationskompetenz wird zunehmend zur Voraussetzung für die Teilhabe an
Wissen und den Möglichkeiten digitaler Lehr- und Lernprozesse. Medienkompetenz
kann heute bereits neben Lesen, Schreiben und Rechnen als "vierte Kulturtechnik"
bezeichnet werden und ist eine entscheidende Schlüsselqualifikation des 21.
Jahrhunderts.
Insofern unsere Gesellschaft von diesen Medien abhängig
ist und auf diese aufbaut, ist eine Beschäftigung mit ihnen unumgänglich. Um diesen Umgang sicherzustellen, setzt das
Bildungsministerium verschiedene Projekt- sowie institutionelle Fördermaßnahmen
an. Mediale Bildung soll flexibel und aktiv gestaltet werden können. Dieses Vorhaben empfinde ich als notwendig. Unsere
Gesellschaft ist dynamisch geprägt, ein einfacher Einstieg, auch für „Quereinsteiger“,
ist wichtig, um mitzuhalten. Gerade die FernUni ist dafür ein gutes Beispiel.
Viele Studenten studieren in Teilzeit, um sich neben ihrem Beruf
weiterzubilden, sich auf diese Weise beruflich neue Wege zu erschließen. An
einer Präsenzuni wäre so etwas kaum vorstellbar. Je mehr dieses Angebot
gesellschaftlich benötigt wird, desto bedeutungsvoller wird auch die Vernetzung
bzw. der Zugang zu Informationen, was wiederum eine verstärkte Nutzung von
Medien nach sich zieht.
Es ist nun wichtig, gerade in einer globalisierten, sich
stets in Bewegung befindlichen Weltgemeinschaft, Lerninhalte überall abrufen zu
können, nicht mehr also an einem Ort gebunden zu sein. Nicht nur Universitäten
können zu diesem Zweck von online abrufbaren Lernplattformen profitieren, auch
Schulen könnten zukünftig ihre Kompetenzen innerhalb der Mediennutzung ausbauen.
Schülern könnte so Infomaterial in einer sicheren Onlineumgebung bereitgestellt
werden, sodass hier bereits Medienkompetenzen erworben werden können.
Schlussgedanke
Schlussendlich möchte ich jedoch noch einmal zu bedenken
geben, dass unser Bewusstsein derartig auf Medien „abgerichtet“ wird, dass die
jüngere Generation teilweise scheinbar in ihnen lebendig wird. Insofern ist auch eine Förderung anderer Kompetenzen,
gerade zum Zwecke eines bewussten Umgangs mit medialen Inhalten, meiner Meinung
nach, unabdingbar.